Gewinnmaximierung über alles

Fernab jeglicher Öffentlichkeit und Transparenz wird seit Beginn der 1990er Jahre über das Freihandelsabkommen TTIP verhandelt. TTIP steht für Transatlantic Trade and Investment Partnership. Die geplanten Partnerschaften sollen zwischen Konzernen und Staaten vertraglich geschlossen werden. Über so genannte Schiedsgerichte soll es Konzernen in Zukunft ermöglicht werden, Staaten auf Gewinnverluste zu verklagen, sofern diese Staaten ihre Gesetze nicht den Wünschen der Konzerne entsprechend anpassen. Laut Aussage der aktuellen Bundesregierung soll die geplante Freihandelszone zu einer Vertiefung der transatlantischen Beziehungen beitragen.


Bereits 1994 wurde das Nordamerikanische Freihandelsabkommen verabschiedet. Resultate aus diesem mit dem TTIP vergleichbaren Abkommen sind beispielsweise die Abschaffung von Zöllen, Einschränkung von Umweltschutzrechten und Gesundheitsstandards. Trotz zunehmender Gegenwehr seitens der Bevölkerung verschiedenster Staaten, scheint auch TTIP, forciert durch die Mächtigen aus der Wirtschaft, unausweichlich. Proteste werden von den Entscheidungsträgern ignoriert.

Im Kern zielt das Handelsabkommen darauf ab, die Möglichkeiten zur legislativen Einflussnahme zu verringern und damit die geltenden Machtverhältnisse zu Lasten der Staaten und zu Gunsten der globalen Konzerne zu verschieben. Die Gesetzgebung der Staaten soll im Interesse der Konzerne weiter eingeschränkt, aufgeweicht und beeinflusst werden.

Versuche, eine globale oder zumindest multinationale Instanz für Gesetzesentwürfe zur mittelfristigen Sicherung der Sozialsysteme aufzubauen, werden durch Lobbyisten untergraben. Eine Einflussnahme durch Bürger auf zukünftig international geltende Abkommen ist praktisch nicht möglich. Demonstrationen, Bürgerinitiativen und Petitionen bleiben weitestgehend wirkungslos, da nach Meinung der Initiatoren von Handelsabkommen keine rechtliche Grundlage vorhanden sei, um diesen Abkommen Einhalt zu gebieten. Der gesetzliche Rahmen zur Schaffung derlei Abkommen wird einfach generiert. Wozu sonst zahlen Konzerne immense Löhne an die besten Juristen der Welt, pflegen enge Beziehungen in der Politik und betreiben kostenintensive Lobbyarbeit? Letztlich wird ein Trend fortgesetzt, der in den vergangenen Jahrzehnten immer stärker zunimmt – Gewinnmaximierung über alles.

Konzerne sind nicht nur in Bezug auf Steuervermeidung immer erfolgreicher. Auch die Verstrickung mit und Einflussnahme auf die Politik nehmen immer stärker zu. Welcher Investor interessiert sich für Fragen der Moral und Ethik solange die Rendite stimmt?

Das Freihandelsabkommen soll Konzernen in Zukunft ermöglichen, Länder auf Gewinnverluste zu verklagen. Die Einigung solcher Klagen soll über Schiedsgerichte erfolgen. Diese Gerichte sollen darüber entscheiden, in welcher Höhe ein Konzern Schadensersatz von einem Staat im Falle entgangener Verluste erhält. Die Höhe dieser Schadensersatzklagen, die letztlich zu Lasten der Bürger erfolgen, werden auf neun- bis zehnstellige Beträge geschätzt. Beispielsweise würde eine Einführung des Freihandelsabkommens dazu führen, dass Energiekonzerne die Bundesregierung auf Schadensersatz für entgangene Gewinne aufgrund des Ausstiegs aus der Atomenergie verklagen könnten.

Insgesamt betrachtet würde mit der Einführung von TTIP die Einflussnahme der Konzerne auf die Legislative weiter steigen. Dieser Einfluss mit dem Primärziel Gewinnmaximierung führt dazu, dass Preise im freien Handel bei sinkender Produktqualität steigen, die Arbeitszeit des Individuums weniger wert ist und die Einnahmen der Staaten weiter sinken. Daraus resultieren, neben Problemen der Aufrechterhaltung der Infrastruktur, mangelnde Finanzierungsmöglichkeiten für Bildung und Rentenzahlungen sowie weiterhin sinkende Möglichkeiten zur Regulation durch den Staat; also eine immense Verschlechterung der Sozialsysteme und der Lebensverhältnisse, insbesondere für arme und mittelständische Bevölkerungsschichten.

Letztlich ist es die Pflicht der Staaten, Gesetze zum Schutz der Bevölkerung zu erhalten und zu verbessern. Ein Konzern, dessen primäres Interesse in Gewinnmaximierung besteht, wird dieser Verantwortung niemals gerecht werden. Im Gegenteil, Konzerne sind kompromisslos opportunistisch handelnde Gebilde. Unsere Aufgabe besteht deshalb darin, uns gegen das Versagen der politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträger zu wehren und in jeder möglichen, friedlichen Form gegen die Entmachtung der Bevölkerung zu protestieren.

– fs058