Zivilisationskrankheiten sind eine Geburt der westlichen Industrienationen. Wir versuchen, unseren Stress durch vermeintliche Heilmittel wie Tabak, Alkohol und fettiges Essen zu lindern, doch dadurch werden wir erst krank. Eine Kur kann hier Abhilfe leisten. Ähnliche Erfahrungen, wenn auch weitaus grotesker, macht der Protagonist Lockhart (Dane DeHaan, Spider-Man 2) in A Cure for Wellness. Der ehrgeizige junge Angestellte eines großen Finanzkonzerns wird zu einem abgelegenen Wellness-Resort in den Schweizer Alpen geschickt, um den Vorstandsvorsitzenden Mr. Pembroke (Harry Groener) von einer Kur zurückzuholen. Er wird für eine wichtige Entscheidung in Amerika gebraucht. Doch Pembroke macht keinerlei Anstalten, vorzeitig die Heilquelle zu verlassen. Wie die übrigen Patienten fühlt er sich pudelwohl und hofft auf die baldige Genesung einer rätselhaften Krankheit, die ihn und alle anderen befallen hat. Der Leiter der Einrichtung, Dr. Heinrich Volmer (Jason Isaacs, bekannt als Lucius Malfoy in Harry Potter) diagnostiziert Lockhart schon bald, dass er ebenso unter der Krankheit leidet und will ihn therapieren. Einzig im mysteriösen Mädchen Hannah (Mia Goth) scheint Lockhart eine Verbündete gefunden zu haben. Gemeinsam gehen sie dem seltsamen Treiben der Heilanstalt auf den Grund.

US-Regisseur Gore Verbinski – bekannt durch die ersten drei Teile von Fluch der Karibik sowie The Ring – liefert mit A Cure for Wellness ein solides, visuell mächtiges Werk ab. Obwohl der Film in den Schweizer Alpen spielt, wurde er komplett in Deutschland gedreht. Als Kulisse für die Außenaufnahmen diente dabei die pittoreske Burg Hohenzollern in Baden-Württemberg, die für die Dreharbeiten fast zwei Wochen lang für Touristen geschlossen wurde; Mit ihrem neugotischen Stil bietet sie die Grundlage für eine schaurige Szenerie. Die Innenaufnahmen entstanden in den Beelitz-Heilstätten, einer verlassenen Tuberkuloseklinik bei Potsdam. Dafür hat das Filmstudio Babelsberg mit riesigem Aufwand einzelne Gebäude des Komplexes vollständig sanieren lassen und so das perfekte Setting kreiert. Die Mühe hat sich gelohnt: Die prachtvolle Gestaltung im Jugendstil macht jedes Set zu einem kleinen Kunstwerk und lässt einen tief in die Welt von A Cure for Wellness eintauchen.

Die gemächlich erzählte Handlung erinnert bisweilen stark an Shutter Island (Martin Scorsese, 2010) und hat leise Anklänge von The Shining (Stanley Kubrick, 1980). Man erkennt aber auch eine Inspiration von Thomas Manns Bildungsroman Der Zauberberg, in dem ebenfalls ein junger Mann ein entlegenes Sanatorium besucht und davon überzeugt wird, dass er krank ist. Jedoch ist A Cure for Wellness kein Psychogramm der Hauptfigur, sondern vielmehr eine Fabel über einen unheilvollen Ort. Der Film folgt in seiner Geschichte der altbekannten Prämisse, dass das Irrenhaus die Irren macht. Diese Trope haben beispielsweise der Klassiker Einer flog über das Kuckucksnest (Milos Forman, 1975) oder eben Shutter Island gekonnter ausformuliert. Dennoch ist es spannend und nervenzerreißend mit anzusehen, wie sich Lockhart allmählich vom Besucher zum Patienten wandelt und durch seine Behandlung die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit verschwimmen. Schade ist es aber, dass die Story größtenteils vorhersehbar ist und die Auflösung nicht so stark wirkt, wie sie einem verabreicht wurde.

A Cure for Wellness ist vor allem technische Perfektion: Ein mit Symbolik beladener Bildersturm von morbider Schönheit, in den sich jede Einstellung wie ein Gemälde fügt. Gore Verbinski zeigt dem Zuschauer ein Gruselkabinett voller surrealer Gestalten und ästhetisiertem Ekel, das für einige unangenehme und bizarre Momente sorgt. Wenn man noch etwas mehr Überraschung erleben möchte, sollte man sich auf keinen Fall die Langversionen der Trailer anschauen, da sie leider viel zu viel vorwegnehmen. Am Ende ist Verbinski die Inszenierung besser gelungen als der Inhalt. Wer atmosphärische Horrorthriller mag und sich für cineastische Bilder begeistern kann, wird hier trotzdem auf seine Kosten kommen.

– David Michalik –

 Filmfakten

Originaltitel: A Cure for Wellness
Land / Jahr: Deutschland, USA / 2016
Kinostart: 23. Februar 2017
Genre: Horror, Fantasy, Drama
Laufzeit: 146 Minuten
Freigabe: FSK 16
Regie: Gore Verbinski
Drehbuch: Justin Haythe, Gore Verbinski
Darsteller: Dane DeHaan, Jason Isaacs, Mia Goth, Ivo Nandi, Adrian Schiller, Celia Imrie, Harry Groener

Bildquelle:
The Movie Database, URL: https://image.tmdb.org/t/p/original/A7ovlrws4B7lXvkcC9iSRkypX02.jpg,
Urheber: Pierreism