Ich lebe mit 33 Sachen. Das sage ich fast nie so offen, weil ich dann meistens einfach nur blöd angeschaut werde. Oder es kommen Bemerkungen wie: „Das könnte ich niemals!“. Dabei ist es die einfachste Sache der Welt – für jeden. Seit Juli 2018 besitze ich genau 33 Sachen in meinem Kleiderschrank. Hierzu werden Kleidung, Schmuck, Accessoires und Schuhe gezählt. Seit längerem beschäftigt es mich, wo und unter welchen Bedingungen meine Kleidung produziert wird. Und auch die Tatsache, dass ich das Meiste im Kleiderschrank einfach nie getragen habe – es aber auch nie aussortieren konnte. Über die Dokumentation The Minimalists wurde ich auf das Project 333 aufmerksam.
Was ist Project 333?
Bei diesem Projekt lebt man drei Monate lang mit nur 33 Dingen im Kleiderschrank. Courtney Carver ist die Gründerin des Projekts. Nachdem bei ihr Multiple Sklerose diagnostiziert wurde, fing sie an, den Stress so gut es ging aus ihrem Leben und ihrer Arbeit zu verbannen. Sie zog mit weniger Sachen in eine kleinere Wohnung und versuchte den Minimalismus in ihr neues Leben zu integrieren. Nach und nach merkte sie deutlich, wie ihr die Einfachheit guttat. Courtney kam nicht umhin, sich auch ihrem Kleiderschrank zu widmen. Und ich glaube, das kennt jeder – der Kleiderschrank ist so voll, man weiß eigentlich gar nicht was man besitzt, wo genau es sich im Klamotten–Dschungel befindet und ob es noch tragbar ist. Den inneren Schweinehund zu überwinden kostet viel Mühe. Aber Courtney überwand sich und kam zu dem Entschluss, für drei Monate nur 33 Sachen zu nutzen. Sie schrieb darüber auf ihrem Blog Be More With Less und fragte sich, ob jemand auf der Arbeit bemerken würde, dass sie immer wieder dieselben Sachen trug. Dem war nicht so, denn durch verschiedene Kombinationen fiel das gar nicht auf. Wir achten viel mehr darauf, was andere von uns denken, sodass wir uns keine Gedanken mehr machen, was uns selbst wirklich guttut.Das Projekt inspirierte mehrere tausend Menschen auf der ganzen Welt und was als kurz andauerndes Projekt begann, entwickelte sich nicht nur bei Courtney zum Lebensstil.
Was Teil des Projektes wird, könnt ihr selbst entscheiden. Jedoch gibt es einige Sachen, die nicht dazugezählt werden: Schmuck mit emotionalem Wert, der aber nie abgelegt wird (z.B. Ehering), Schlafanzüge und Unterwäsche. Außerdem gehört auch die Sportbekleidung nicht dazu, solange diese auch wirklich regelmäßig benutzt wird. Den Rest, den man nicht zu den ausgewählten 33 Sachen zählen möchte, könnt ihr spenden, verkaufen oder behalten. Aber die Sachen müssen gut verpackt und außer Reichweite sein, sodass man nicht auf die Idee kommt, den Kleiderschrank wieder zu füllen. Und für drei Monate müsste man das auch hinkriegen.
Nachdem ich The Minimalists gesehen hatte, fing auch ich an mein Zimmer zu entrümpeln. Und um ehrlich zu sein, hatte ich nicht erwartet, dass ich so viel besitze. Der Sinn des Minimalismus ist es, nur Dinge zu besitzen, die einen auch wirklich glücklich machen. Was die Kleidung anbelangt, tat ich mich dann doch schwerer als gedacht.
Was genau spricht für das Projekt und was bringt es?
Aber aus welchen Gründen sollte man sich Gedanken machen, was im eigenen Kleiderschrank steckt? So kurz vor Weihnachten passt das Thema Konsum ganz gut, denn das ich für mich einer der wichtigsten Gründe über das eigene Verhalten nachzudenken. Mode ist schnelllebig und wir kaufen nur noch ein, um etwas zu besitzen. Und nicht, weil uns etwas wirklich gefällt. Ich hatte immer das Problem, dass ich gerne Sachen eingekauft habe, weil sie gerade angesagt waren und habe mich oft nicht gefragt, ob das stilmäßig überhaupt zu mir passt. Spiegelt mich das wieder? Sitzt es überhaupt richtig? Darüber machte ich mir nie Gedanken. Ich wusste auch nie, was genau sich in meinem Kleiderschrank befindet. Über all die Jahre verliert man den Überblick und um ehrlich zu sein, wer mistet schon regelmäßig seine Kleidung aus? Durch das Projekt weiß ich nun ganz genau wie viel ich von was besitze, in welchem Zustand es ist und ob es demnächst ausgetauscht werden muss. Im Endeffekt habe ich nur das behalten, was ich sowieso die ganze Zeit getragen habe.
Zusätzlich lernt man mit seinem Budget umzugehen. Das ist vor allem interessant für Personen, die mit wenig Geld auskommen müssen und trotzdem mit gutem Gewissen einkaufen möchten. Ob man Kleidung von Modefirmen kaufen möchte, die katastrophale Arbeitsbedingungen unterstützen, bleibt jedem selbst überlassen. Fair Trade Kleidung ist nicht teuer und man kriegt sie leichter, als man denkt. Dafür gibt es mittlerweile auch viele Online–Shops. Da man nur eine bestimmte Anzahl von Klamotten besitzen darf und man dadurch auch eher auf die Qualität der Produkte achtet, kauft man weniger ein.
Project 333 ist eigentlich für alle Personen geeignet, man kann es einfach mal ausprobieren. Vielleicht nimmt sich der ein oder andere von euch als Neujahrsvorsatz vor, den Kleiderschrank zu entrümpeln und besser drauf zu achten, was in den Kleiderschrank reinkommt und vor allem wie viel!
Sanja Perovic