Familiäre Unterstützung in Karrierefragen

Kaum eine Dankesrede, ob die eines bekannten Schauspielers für seinen lang ersehnten Oscar, oder eines fleißigen Schülers für einen Wissenschafts-Award, enthält nicht den Satz „… Ich möchte meiner Familie danken, ohne deren Hilfe und Unterstützung all dies nicht möglich gewesen wäre…“. In Zeiten des Erfolges wendet man sich also seit jeher an die Familie, die einem den Weg bereitet hat oder zumindest Acht gegeben hat, dass man nicht davon abkommt. Doch auf der Schattenseite gibt es auch Eltern, die ihre Kinder auf diese Art zu sehr unter Druck setzen und sie so sehr auf Leistung trimmen, dass viele von ihnen daran zerbrechen. Familien und ihre Beziehungen untereinander könnten unterschiedlicher und komplexer nicht sein. Jede Familie hat ihre eigenen Probleme aber auch Traditionen und somit ihre eigene Art mit der Erziehung der Kinder umzugehen, besonders in Bezug auf deren Karriere. Doch was ist der „richtige“ Weg? Gibt es überhaupt einen?


Amy Chua, aus Connecticut, USA, Karrierefrau und Juradozentin mit chinesischen Wurzeln, ist ein Beispiel für harte und rigide Erziehung von Kindern. Die als „Tigermutter“ oder „Monstermom“ bekannt gewordene Frau hat sogar ein Buch über ihre Erziehungsmaßnahmen veröffentlicht, welches besonders in Europa auf starkes Entsetzen traf. So erzählt sie beispielsweise davon, wie sie ihrer Tochter damit drohte, Stofftiere zu verbrennen, um sie zum Lernen zu bringen. Insbesondere in Deutschland, wo es vermehrt als gesellschaftliches Tabu gilt, Kinder zu erpressen oder derart unter Druck zu setzen, stieß sie damit auf negative Reaktionen. Chua wies Vorwürfe von sich, indem sie sagte, dass es sich bei ihrem Buch um einen stark zugespitzten, persönlichen Bericht ihrer Erziehungsmethoden handle. Waren daher die Reaktionen der westlichen Presse zu urteilend, zu negativ? Schließlich handelt es sich um einen privaten und sehr traditionellen Haushalt und daher um traditionsbewusste und erfolgsorientierte Eltern, die ihren Kindern – mit zugegebenermaßen sehr radikalen Methoden – Unterstützung und Erfolg mit auf den Weg geben wollten. Und damit ist sie wohl kaum die Einzige. Vergleichbar Negatives hört man zunehmend von Müttern, meist aus den USA, die ihre unerfüllten Träume von einem Leben im Scheinwerferlicht auf ihre noch viel zu jungen Kinder projizieren. Ob sie nun Sängerin, Tänzerin, Schauspielerin oder Schönheitskönigin werden wollten, die Kinder sollen diese Ziele stattdessen erreichen und werden oftmals in sehr frühem Alter auf Miss-Wahlen oder zu Schauspiel-Castings geschickt, um sie zu berühmten Stars zu machen. Dabei wird nicht im Geringsten auf ihre eigenen Zukunftswünsche und -träume eingegangen. Noch dazu wird oft vernachlässigt, dass die Kinder zu jung sind, um lange Drehtage und harte Diäten körperlich und psychisch mitmachen zu können.

Bei dieser strengen Art von Erziehung besteht immer die Gefahr, dass zu junge Kinder an dem Druck zerbrechen können. Damit geht der eigentliche Zweck dieser harten

Maßnahmen, also die Motivation und Anregung zum Erfolg, nach hinten los; da Kinder auch ohne Eingreifen der Eltern schon mit ihren Mitschülern und Freunden konkurrieren. Besonders in Karrierefragen, zum Beispiel bei der Entscheidung für ein Studienfach oder eine Stelle, mischen Eltern sich oft ein, teilweise auch bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen asiatischer Herkunft. Sie werden in eine Richtung gedrängt, die den Eltern korrekt und erfolgsversprechend erscheint, den Wünschen der Jugendlichen aber so gar nicht entspricht. Am liebsten sehen Eltern es, wenn ihre Kinder Jura oder Medizin studieren, da diese Fächer finanziellen Erfolg verheißen. Doch was wenn der Sohn der geborene Sänger ist und keine Paragraphen auswendig lernen möchte? Nichtsdestotrotz beweisen zahlreiche Studien, dass asiatische Kinder und Jugendliche fleißiger lernen und daher als ehrgeizige „high-achiever“ gelten. So herrscht in diesen Kulturkreisen oft die Ansicht, dass Intelligenz keineswegs angeboren sei, oder in Zusammenhang mit dem Bildungsgrad der Eltern stehe, sondern eher etwas, das durch harte Arbeit gesteigert und trainiert werden kann.

Im Gegensatz dazu wird vielleicht in einigen Familien Erfolg in der Schule, im Studium oder in der Ausbildung zu niedrig angesetzt und gilt daher als weniger erstrebenswert. Vielleicht gerade weil man weiß, dass die Mama die Stofftiere nicht anzündet, wenn man mal wieder durch eine Prüfung rasselt? Doch sind gute Noten und ein Einser-Abi das Maß aller Dinge? Wichtig ist doch, dass Eltern unterstützen, helfen, beraten und auf die Wünsche ihrer Kinder eingehen. Gleichzeitig sollen sie aber auch mal aktiv eingreifen oder Ratschläge geben, wenn man nicht weiter weiß, sodass man als Kind die bestmögliche Aussicht hat einen persönlich gewählten und von den Eltern unterstützten Weg im Leben zu gehen. Wie der Schweizer Psychologe und Kolumnist Stefan Wittin sagte: „Im Idealfall ist die Familie Trampolin und Sprungtuch in einem.“ Und so sollte es auch sein; an die Familie muss man sich immerzu wenden können, wenn man unter Stress oder Leistungsdruck steht und man sich unmotiviert fühlt. Sie sollte beruhigen, helfen und unterstützen, aber auch mal einen netten Tritt in den Hintern geben, wenn es nötig ist…!

– Martina Gorniak