von Selina Hellfritsch
Letztes Jahr ist mir beim Sex dreimal das Kondom gerissen. Dreimal gerissen bedeutet für mich: Dreimal die Pille danach nehmen, dreimal meinen Zyklus durcheinander bringen und dreimal gut 30 Euro dafür ausgeben. Verhütung wird viel zu oft als Frauensache abgestempelt und nicht hinterfragt. Das sollte sich ändern.
Seitdem ich die Antibaby-Pille vor einigen Jahren abgesetzt habe, verhüte ich nur noch mit Kondom. Warum? Weil ich mir keinen unnötigen Hormoncocktail verabreichen möchte, der nicht nur meinen Zyklus durcheinander bringt, sondern auch mit Nebenwirkungen Hand in Hand geht. Libidoverlust, Übelkeit, Depressionen, Gewichtszunahme, Stimmungsschwankungen, Bluthochdruck-, und Thromboserisiko. Soll ich noch weiter machen? Es ist allgemein bekannt, dass die Antibaby-Pille nicht nur Vorteile, wie ein schöneres Hautbild, sondern sehr viel mehr Nachteile mit sich bringt. Trotzdem ist die Pille laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung nach 60 Jahren immer noch das am meisten benutzte Verhütungsmittel mit 47 Prozent, dicht gefolgt von dem Kondom mit 46 Prozent.
Was bleibt mir also an nicht-hormoneller Verhütung? Die wohl gängigste Alternative: Das Kondom. Und wenn das reißt? Dann muss die Pille danach her. Mit anderen Worten: Ich hau mir erst im Nachhinein ganz viele Hormone rein, um nicht schwanger zu werden. Super. Die künstlichen Hormone verschieben den Eisprung der Frau nach hinten und werfen den Zyklus aus der Bahn. Nicht umsonst heißt die Pille danach „Notfallverhütung“ und sollte nicht regelmäßig eingenommen werden.
Bei einer Influencerin habe ich gesehen, dass sie auf die Methode des Temperatur-Messens zurückgreift. Sie benutzt ein Gerät, mit dem sie ihre morgendliche Temperatur misst und die Daten zusätzlich in einer App erfassen kann. So kann man sehen, an welchen Tagen man fruchtbar ist und an welchen nicht. Keine schlechte Idee, oder? Das heißt, würde im Zweifelsfall mal wieder ein Kondom reißen, könnte ich prüfen, ob ich im ist-okay-zu-vögeln-Bereich liege. Vor Geschlechtskrankheiten bin ich dann zwar immer noch nicht geschützt, aber ich könnte mir überlegen,ob ich wirklich die Pille danach nehmen möchte oder nicht. Der Haken ist nur, dass das nette Gerät rund 300 Euro kostet. Diese Summe bin ich dann gerade doch nicht bereit auszugeben. Sollte es mir das wert sein und sollte ich mir alleine darüber Gedanken machen müssen? Nein. Deshalb brauchen wir ein genauso großes Angebot an Verhütungsmethoden für den Mann.
Neben Kondomen gibt es für Männer keine massentaugliche Alternative, um zu Verhüten. Somit liegt die Verantwortung oft bei uns Frauen. Die Pille für den Mann wird zwar seit Jahren versprochen, aber auf dem Markt ist sie immer noch nicht. Warum? Weil sie zu viele Nebenwirkungen hat: Libidoverlust, Gewichtszunahme und Depression. Witzig, kommt mir irgendwie bekannt vor.
Verhütung ist Frauensache? I doubt it. Und ich glaube, damit stehe ich nicht alleine da. Mehrere Studien zeigen, dass eine Großzahl von Männern an einer Möglichkeit zur selbstbestimmten Verhütung interessiert ist. Liebe Männer, wenn das wirklich so ist, dann zeigt dem Markt, dass ihr die Pille für den Mann oder ähnliche Verhütungsmittel tatsächlich kaufen würdet und dass ihr bereit seid euch mehr bei diesem Thema einzubringen. So könnten wir uns in Zukunft das Thema Verhütung besser teilen. Deal?