von Anna von Wie Frau liebt
Bisexualität bedeutet, dass man sich romantisch und sexuell zum eigenen aber auch zu anderen Geschlechtern hingezogen fühlt. Eigentlich ein einfaches Prinzip, oder? Als bisexuelle Frau muss ich dazu leider sagen: nein, die Leute verstehen mich nicht.
Bisexuellen Frauen wird oft hinterhergesagt, dass sie einfach experimentierfreudige Hetero wären. Denn dass Frauen sexuell miteinander agieren, ist ja gern gesehen (Pornhub Kategorie #1). Gleichzeitig ist der Mann in vielen Köpfen als unabdingbar essentiell in der Partnerschaft und in der Sexualität angesehen. Daher kommt dann der Schluss, dass eine Frau ja einen Mann brauche, um glücklich zu sein. Gleicherweise geht es bisexuellen Männern, denen dann nachgesagt wird, eigentlich homosexuell zu sein.
Dazu kommt das Vorurteil, dass man sich als Bisexuelle*r einfach nicht entscheiden könne und nur in einer Phase sei bis man durch die Partnerwahl eine endgültige Wahl getroffen habe. Ich zum Beispiel bin mit einem Mann verlobt und mein Outing im Freundeskreis und in der Familie ist erst während der Partnerschaft mit ihm geschehen. Darauf folgte zum Teil auf große Verwunderung: „Aber du bist doch mit einem Mann zusammen, wie kannst du da gleichzeitig auf Frauen stehen?“ Hier sei gesagt: die Partnerwahl bestimmt nicht die Sexualität!
Genauso wenig wie die bereits erlebten (sexuellen) Erfahrungen. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Sexualität wurde bei mir zwar tatsächlich durch das erste Mal mit einer Frau angestoßen, aber so muss das nicht immer sein. Es ist genauso legitim, dich zu bestimmten Geschlechtern hingezogen zu fühlen, auch wenn du noch keine Erfahrungen im Bett gemacht hast. Sätze wie „Aber du hast ja bisher nur mit Männern geschlafen, wie kannst du da bisexuell sein?“ sind also mehr als unangebracht. Sonst müsste man auch alle, die noch keinen Sex hatten, per se als asexuell beschreiben bis sie dann ihr erstes Mal hatten.
Manche haben den Punkt mit der Anziehung zu mehr als einem Geschlecht verstanden, aber meinen dann: „Bisexuelle finden also alle geil“. Nein. Ein heterosexueller Mann findet ja auch nicht alle Frauen der Welt toll. Jeder Mensch hat in seiner Partnerwahl (ob sexuell oder romantisch) gewisse Präferenzen bspw. an Aussehen und Charakter. Warum soll das bei Bisexuellen anders sein?
Es gibt auch die weitverbreitete Sorge, Bisexuelle könnten nicht treu sein. Das läge daran, dass in einer Partnerschaft meist nur ein Geschlecht abgedeckt ist und sich Bisexuelle dann ja nach den anderen Geschlechtern sehnen würden. Wie kommt man darauf? Eine heterosexuelle Frau, die mit einem schwarzhaarigen Mann in einer monogamen Beziehung ist aber total auf blonde Männer steht, wird auch nicht als potentielle Fremdgängerin angesehen. In der Partnerwahl haben Bisexuelle „mehr Auswahl“, aber die sexuelle Identität hat dann nichts mit der Gestaltung der Beziehung zu tun. Es gibt viele Bisexuelle, die sich nach einer monogamen Beziehung sehnen und andere, die (wie ich) offen leben möchten, um einfach noch ein paar Erfahrungen mehr sammeln zu können. Diese vielseitigen Gestaltungsmöglichkeiten in einer Beziehung mit Bisexuellen sind also die gleichen wie in einer hetero- oder homosexuellen Partnerschaft.
Ich bin bisexuell. Ich will keine Aufmerksamkeit erheischen, will nicht andere Menschen aufgeilen, wenn ich Frauen in der Öffentlichkeit küsse, will nicht belehrt werden, wie meine Beziehung auszusehen hat. Ich will einfach in meiner Bisexualität respektiert und anerkannt werden. Und zwar von beiden Seiten: den Hetereosexuellen und auch der LGBT*-Community.
Mehr zum Thema Bisexualität findet ihr im Podcast „Wie Frau Liebt“ und auf dem gleichnamigen Instagram-Kanal!
Be proud and wild and love more.