von Jakob Hertl
Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder Mensch ein Gericht oder Essen hat, das man immer essen könnte und ohne das es einfach nicht geht. Dessen Zutaten man allzeit im Kühlschrank hat, das man schon in Tausenden Variationen getestet hat. Das einen seit Kindheitstagen begleitet und zuverlässig immer glücklich macht. Für mich ist dieses Essen Tomate-Mozzarella.
Frische, knackige Tomaten, cremiger Mozzarella, ein ebenso simples wie geniales Dressing aus Olivenöl, Salz, Pfeffer und optional noch ein Schluck Balsamico oder anderer Essig – schon hat man den perfekten „Insalata Caprese“ (der übrigens so heißt, weil er seine Ursprünge auf der italienischen Insel Capri hat). Aber fehlt da nicht noch was?
Gut aufgepasst, um die grün-weiß-rote Italienflagge und ebenso mein Herzensgericht zu komplettieren fehlt selbstverständlich der Basilikum. Das dunkelgrüne Objekt der Begierde, hauptberuflich Pesto-Star, allgemein eine Bereicherung für fast jedes mediterrane Gericht. Der Begriff Basilikum kommt vom griechischen basilikós, was so viel heißt wie königlich. Deswegen wird Basilikum oft auch „Königskraut“ genannt. Kann ich mich eher so semi anschließen.
Denn mit mir und dem Basilikum ist das so eine Sache. Das Gewächs gehört zur Familie der Lippenblütler und tritt in circa 65 verschiedenen Arten vom klassische Strauchbasilikum bis hin zu exotischeren Sorten wie Zitronen- oder Thai-Basilikum auf. In meinem trauten Heim würde – da bin ich mir fast sicher – jede dieser 65 Arten nach kürzester Zeit elendig verrecken.
Seid ehrlich: wer schafft es, dass sein Basilikum länger als einen Monat überlebt? Mein Rekord liegt bei 24 Tagen, da war ich schon so stolz, dass ich es am liebsten in mein LinkedIn-Profil als besonderen Erfolg eingetragen hätte. In der Regel packt er es aber nicht so lange. Jahrelang war mein Biomüll ein Basilikum-Massengrab, inzwischen versuche ich es schon gar nicht mehr.
Glaubt nicht, ich hätte kampflos aufgegeben. Online-Ratgeber, Garten-Blogs, allerlei Geheimtipps: Umtopfen, von unten gießen, sogar spezielle Schnitttechniken. Alles habe ich versucht. Alles vergeblich. Basilikum ist und bleibt einfach verhext. Dabei sind doch nicht alle Kräuter so empfindlich. Zur Hölle, der Löwenzahn auf meinem Balkon fände es wahrscheinlich sogar bei minus 20 Grad und Windstärke elf noch gemütlich! Und ausgerechnet das „Königskraut“ verliert bei der geringsten Fehlbehandlung unverzüglich seinen Lebenswillen?
Hilft ja alles nichts. Es wird wohl nie eine gesunde Basilikum-Pflanze unter demselben Dach mit mir koexistieren – zumindest nicht, solange ich für die Pflege verantwortlich bin. Übel nehme ich ihm das nicht, zum Glück kann ich mir verzehrfertigen Basilikum jederzeit einfach im Supermarkt besorgen. Für Tomate-Mozzarella habe ich auch schon Rucola, Petersilie und frischen Oregano als Alternativen verwendet. Alle waren lecker, aber eben nicht genauso königlich. Sie haben mich den Basilikum nur noch mehr wertschätzen lassen.
Denn auch wenn er mich schon an den Rand der Verzweiflung und Ratlosigkeit getrieben hat, so hat er mir genauso gezeigt, dass Scheitern manchmal normal und ok ist. Und am genialen Geschmack ändert all das ja nichts. Auch wenn er für sein Wachsverhalten der ätzende, verwöhnte Bengel unter den Kräutern ist:
Hach, Basilikum, I love you anyways.
Illustration: Jakob Hertl